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Felix Luca

Markerchromosom 22 im Fruchtwasser und im Nabelschnurblut
geb. Juli 2003

Zuletzt aktualisiert: Mai 2004

Eine schwierige Schwangerschaft

Als unser großer Sohn Niklas ein Jahr alt wurde, kam bei uns der Wunsch nach einem zweiten Kind auf. Aufgrund unseres Alters, ich war da 37 Jahre und mein Mann 40 Jahre, wollten wir uns auch nicht mehr so viel Zeit damit lassen. Und weil wir so lange auf unser 1. Kind gewartet haben, haben wir dann die Verhütung beiseite geschoben.

Und schon nach 3 Übungsmonaten war ich wieder schwanger und hielt am 24.12.2002 den positiven Test in den Händen. Da ja eh Weihnachten alle beisammen waren, haben wir es auch direkt der Familie erzählt. Waren sie noch beim 1. Kind völlig aus dem Häuschen, war die Reaktion diesmal doch verhaltener - so nach dem Motto: Habt Ihr Euch das genau überlegt, wo doch Niklas noch so klein ist. Haben wir und zumindest wir freuten uns sehr. Als erfahrene Mutter ging ich diesmal erst zur Frauenärztin als man sicher den Herzschlag sehen konnte. Alles war auch in bester Ordnung und sogar die Schmierblutungen, die mich bei Niklas in den ersten Wochen begleitet und beängstigt haben, blieben mir erspart. Heute muss ich sagen, dass ich eigentlich von Anfang an ein gutes Gefühl hatte und mir kaum Sorgen machte und schon ja nicht so hibbelig war wie in der 1. Schwangerschaft. Nun war ich kurz vor meinem 38. Geburtstag und ohne groß nachzudenken, haben wir uns für eine Fruchtwasseruntersuchung entschieden. Naiv wie wir waren, haben wir gedacht, dass wir kein behindertes Kind wollen, vor allen Dingen um Niklas willen und uns eine FU dazu die Gewissheit gibt.

In der 15. Schwangerschaftswoche wurde die FU in der Pränatal-Praxis durchgeführt, die schon Niklas Feinultraschall gemacht haben. Klar war ich nervös vorher. Der Arzt dort hat es aber super verstanden, uns die Angst zu nehmen. Er hat zuerst ein Feinultraschall gemacht, das super war und er dann auch meinte, dass das schon mehr als die halbe Miete wäre. Der Eingriff an sich war unangenehm aber nicht schmerzhaft. Wir haben uns für einen Schnelltest entschieden, dessen Ergebnis wir schon nach 6 Stunden bekamen. Es wird wieder ein Junge und Trisomie 13, 18 und 21 liegen nicht vor. Damit war das Kapitel für uns erledigt und wir waren ja sowieso optimistisch. Aus dem Grund hatten wir auch unseren Urlaub 2 Wochen nach dem Termin gelegt. Man sagte uns noch, dass man das Ergebnis so nach 12-14 Tagen bekäme und nur, wenn es ein positiver Bescheid wäre. Aber nach dem Schnelltest war das Kapitel FU für uns erledigt und die Urlaubsvorbereitungen fingen an.

Damit ich in Ruhe packen konnte, haben sich meine Eltern bereit erklärt, mit Niklas nachmittags vor der Reise spazieren zu gehen. Da an dem Freitag, genau 14 Tage nach der FU, noch kein Brief im Briefkasten war, habe ich mir gedacht, dass ich halt mal kurz anrufe und frage, ob der Brief schon rausgegangen wäre, da wir ja morgen in den Urlaub fliegen würden. Als die Dame am Telefon aber so komisch reagierte und meinte, dass sie mich mal zur Ärztin verbinden würde, gingen bei mir die ersten Alarmglocken an. Die Ärztin druckste erst mal rum und meinte, dass sie uns aber gerne am Montag sehen wolle und, ob man den Urlaub verschieben könne. So recht mit der Sprache wollte sie zuerst nicht rausrücken. Auf mein Nachbohren hin, sagte sie, dass man in 20% der Zellen ein noch unidentifiziertes Chromosomenteil gefunden hätte, ein sogenanntes Markerchromosom. Ob sie noch was erklärt hat, weiß ich nicht mehr, denn in dem Moment habe ich nur noch wenig mitbekommen und hatte das Gefühl, dass ich in ein großes Loch gefallen bin. Danach habe ich mechanisch meinen Mann und meine Eltern angerufen, den Urlaub storniert und meinen Großen zum Mittagschlaf gelegt. Danach habe ich erst mal alle Kraft verloren und nur noch geweint. Alles war so unwirklich und ich wollte nur noch aus diesem Albtraum aufwachen. Mein Mann kam nach Hause und dann haben wir erst mal im Internet nach Informationen gesucht, da wir ja überhaupt nicht wussten, was der Befund besagt. Die Fundstellen waren spärlich und entweder völlig entmutigend oder nicht übertragbar. Eins haben wir aber ganz schnell herausgefunden. Im Falle eines Markerchromosom ist die Graustufe der pränatalen Diagnostik erreicht und niemand kann wissen, was passiert.

Das Wochenende war die Hölle! Wir waren so unendlich traurig und diese Ungewissheit war fast unerträglich. Am Montag hatten wir dann einen Termin bei der Humangenetikerin, mit der ich am Freitag telefoniert hatte. Sie hat uns versucht, alles zu erklären. Das unidentifizierte Chromosom könnte zum einen ein Stück vom Chromosom 15 oder 22 sein, da es zum einen sehr klein sei und möglicherweise gar kein aktives Material hätte. Die andere Chance bestünde darin, dass wir, also mein Mann oder ich, Träger dieses Markerchromosoms wären. Auch dann könnte man davon ausgehen, dass dies keine Auswirkungen hätte. Sie schlug uns dann vor, in der 19. Schwangerschaftswoche eine Nabelschnurblutentnahme zu machen, da es auch sein könnte, dass sich das Markerchromosom nur in den Amniozellen befände und nicht im Blut, was auch wiederum sehr positiv wäre. Das Risiko für das Kind sei bei einer Nabelschnurblutentnahme auch nicht viel höher als bei der Fruchtwasseruntersuchung, aber man könne es frühestens in der 19. Woche durchführen. Dann sagte sie uns noch, dass wir aber auch aufgrund des Befundes eine Abtreibung ohne weitere Untersuchungen durchführen könnten. Dieser Gedanke war uns bisher ganz und gar zuwider und ich sagte ihr auch sofort, dass ich das nicht wolle, denn wir würden uns nicht so einfach geschlagen geben. Dieses Thema hatten wir auch nach dem Telefonat am Freitag nicht mal andiskutiert und ich hatte auch sofort das Bedürfnis mein Kind und mich zu beschützen. Da Felix ja schon seit der 14. Woche für mich fühlbar war und ich im Feinultraschall ein putzmunteres Kerlchen gesehen habe, wollte ich mich nicht mal mit dem Gedanken beschäftigen, ihn herzugeben. Und doch hat die Ärztin in meinem Kopf eine Pflanze gesät, die plötzlich da war. Wäre dies wirklich der einfachere Weg? Aber was dann? Versuchen wir es erneut und vielleicht mit dem gleichen Ergebnis? Kann ich mein Wunschkind einfach aufgeben, nur weil die Chromosomen nicht alle in Reih und Glied sind? Was aber ist, wenn wir ein schwer behindertes Kind bekommen, was wird aus Niklas und was aus uns?

Klar war aber, wir werden erst mal abwarten und uns an den Chancen festklammern. Zumindest ging es uns nach dem Gespräch ein klitzekleines bisschen besser als an dem Wochenende in völliger Ungewissheit. Da wir ja auch nichts anderes tun konnten als warten, haben wir jeden Tag was mit Niklas unternommen. Er war, ohne es zu wissen, in der ganzen Zeit unsere größte Stütze. Er hat uns gezwungen, so normal wie möglich weiter zu machen, denn er war einfach da und hat uns gebraucht, hat uns zum Lachen gebracht und uns das ganze manchmal für eine Minute vergessen lassen. Zu dem Zeitpunkt haben wir das alles auch nur den Eltern und unseren besten Freunden erzählt und uns ansonsten zurückgezogen. Es hat alle sehr betroffen gemacht und helfen konnte uns ja auch keiner, nur zuhören. In so einer Situation kann einem auch keiner raten oder helfen. Es ist dann nur gut zu wissen, dass es Freunde gibt, die zuhören ohne zu werten. Unsere Eltern konnten natürlich am wenigsten mit der Diagnose anfangen und meine Mutter hat uns vorsichtig zu verstehen gegeben, dass es wohl besser wäre, das Kind nicht zu bekommen. Dies hat mir sehr weh getan, denn für mich war wichtig, an das Kind zu glauben und mit uns zu hoffen. Wobei ich ihre Beweggründe schon verstanden habe, denn sie wollte das Beste für ihr Kind - mich.

In der Zwischenzeit sind wir bei unseren Recherchen auf die Seiten von LEONA gestoßen. Dort fanden wir neben Erfahrungsberichten auch eine Mailadresse, an die man sich in unserer Situation wenden konnte. Da ich nach jedem Strohhalm gegriffen habe, habe ich mich an die Adresse gewandt und eine sehr nette Frau, die ein Kind mit Trisomie 13 hatte, hat auch sofort geantwortet. In der folgenden Zeit haben wir lange telefoniert und mir hat es gut getan, einfach mit jemandem zu reden, der weiß, was wir gerade durchmachen und versucht uns mit Informationen zu helfen.

Nach einer Woche war klar, dass wir, mein Mann und ich nicht Träger des Markerchromosoms sind. Die Identifikation des Markers ließ aber auf sich warten. Mein Mann ist dann wieder arbeiten gegangen und auch ich habe meinen Job wieder aufgenommen, weil das Grübeln uns auch nicht weiterbringen würde. In der 19. SSW wurde dann die Nabelschnurpunktion angesetzt, da dann die Information kam, dass das Marker ca. 90% des Chromosoms 22 ist und aktives Material enthält. Unsere Hoffnungen sanken mit jeder Chance, die wie eine Seifenblase zerplatzte. Aber vielleicht war es ja nicht im Blut unseres Kindes. Vor der Nabelschnurpunktion fand wieder ein eingehendes Ultraschall statt, was wieder nur positive Ergebnisse lieferte. Unser Junge war eher groß und völlig gesund, wenn man alleine den Ultraschall zugrundelegt. Die Nabelschnurpunktion an sich habe ich als sehr unangenehm empfunden.

Das Ergebnis lag diesmal relativ schnell vor und war weder gut noch sehr schlecht. In ca. 3% der Blutzellen ließ sich der Marker nachweisen. Was nun? Alle Chancen sind nicht wirklich eingetroffen. Wie sollen wir uns jetzt entscheiden. Wollen wir das Risiko eingehen und ggf. ein behindertes Kind haben. Sollen wir ein Kind, dass laut Ultraschall gesund ist, abtreiben? Unsere Gedanken drehten sich immer wieder im Kreise. Mit Hilfe von LEONA und meinen Recherchen im Internet hatten wir eine Menge an Informationen zusammengetragen. Ich habe mit der ganzen Welt Kontakt aufgenommen und jeder, dem ich meine Bitte nach Informationen in holprigem Englisch geschickt habe, war super nett und hat mich mit Informationen versorgt. Ich glaube, wir wissen jetzt mehr über das Chromosom 22 als mancher Humangenetiker und doch haben wir keinen Fall wie unseren gefunden. Die meisten Fälle waren partielle Trisomien 22, wobei das überschüssige Chromosom in diesen Fällen eben ein vollständiges Chromosom ist und bei uns eben nicht.

So langsam lief uns die Zeit davon und wir mussten eine Entscheidung treffen. Zuerst einmal haben wir dem Kind einen Namen gegeben, denn egal, was noch passiert, es ist unser Kind, dass einen Namen braucht. Felix, der Glückliche, sollte es sein! Nach langen Gesprächen mit meinem Mann haben wir uns entschieden, dass wir das Angebot, dass noch mal ein eingehender Ultraschall gemacht wird, annehmen. Und wenn damit alles in Ordnung ist, werden wir unseren Felix bekommen.

Wir sind dann mit all unseren Unterlagen, die sowohl Symptome als auch Fallbeschreibungen enthielten, zu unserem Feinultraschall gefahren. Mir kam es vor als wenn wir zu Felix letzter Gerichtsverhandlung führen und es hat mir große Angst gemacht. Der Gynäkologe und die Humangenetikerin haben sich super viel Zeit für uns genommen. Wir sind mit dem Arzt alle Symptome durchgegangen, die wir gefunden haben und er hat uns erzählt, welche er ausschließen kann und welche auf dem Ultraschall nicht sichtbar sind. Bei unseren Recherchen haben wir festgestellt, dass fast alle Trisomie-22-Kinder eins gemeinsam haben, nämlich, dass sie sehr klein sind, so dass man davon ausgehen kann, dass das Chromosom 22 unter anderem für das Wachstum verantwortlich ist. Gehäuft fanden wir Herzfehler (VSD) und Zwerchfellbrüche.

Der Ultraschall war wieder super und unser Felix war alles andere als zu klein, alle Wachstumsparameter lagen eher an der oberen Linie. Wir sind jedes kleinste Symptom, sofern möglich, durchgegangen und der Arzt hat nichts davon gefunden. Ich habe gemerkt, wie ich mich dann beim Ultraschall entspannt habe, weil ich ja wusste, dass Felix leben wird. Zum ersten Mal seit dem Telefonat, wo wir die Diagnose bekommen haben, war ich glücklich. Wir haben dann noch mal einen Termin für die 26. SSW zur Kontrolle vereinbart, der auch genauso klasse ausfiel wie alle anderen Ultraschalls vorher.

Der Rest der Schwangerschaft war zumeist schön. Es gab sicher immer mal wieder düstere Momente, wo ich Angst vor dem Ende hatte und zweifelte, dass alles gut geht. Diese Momente gingen aber wieder vorbei.

Als ich wusste, dass ich mit Felix schwanger war, habe ich mir eine natürliche Schwangerschaft und eine ambulante Geburt gewünscht. Ich wollte eigentlich nur die nötigsten Termine bei der Frauenärztin machen und die restlichen Vorsorgetermine bei meiner Hebamme vornehmen lassen. Nach der Diagnose und den unzähligen Untersuchungen war das nicht mehr möglich. Was aber ist mit der Geburt? Gehe ich in eine Krankenhaus, die eine tolle Kinderklinik haben und sage vorher, was mit Felix ist. Meine Frauenärztin war deutlich dafür. Ich habe dann mit meiner Nachsorgehebamme aus der ersten Schwangerschaft Kontakt aufgenommen und ihr die Situation erläutert. Sie arbeitet im Krankenhaus hier im Ort, die keine Kinderklinik haben, dafür aber eine schöne Geburtsstation. Sie hat mir dann angeboten, dass sie das Ganze mit dem Chefarzt bespricht und dann würden wir weiter sehen. Der Chefarzt war unserem Vorhaben der natürlichen Geburt gegenüber sehr aufgeschlossen und hat dann mit mir direkt einen Termin vereinbart, an dem wir den möglichen Ablauf und mögliche Komplikationen besprechen können.

Mittlerweile war ich in der 33. Woche und mir ging es super gut. Alle Untersuchungen und CTGs waren sehr schön.

Am 12.7. waren wir von Freunden auf ein Kindergartenfest eingeladen. Da dies ganz bei uns in der Nähe stattfand, haben wir beschlossen, mit dem Fahrrad zu fahren. Nachdem ich morgens die Wohnung auf Vordermann gebracht hatte, habe ich mich noch ein bisschen hingelegt, denn irgendwie war mir komisch. Vom Gefühl her hatte ich mit Blähungen zu kämpfen. Da ich aber nun mal nicht wehleidig bin, sind wir gefahren. So richtig toll war mir aber die ganze Zeit nicht und die Blähungen nahmen auch eher zu als ab. Gott, war ich naiv und man sollte doch meinen, dass man beim 2. Kind schlauer wäre. Nachdem wir um 21:00 Uhr wieder zu Hause waren, wurden die Schmerzen schlimmer und mein Mann hat mich dann zur Sicherheit ins Krankenhaus zwecks Abklärung gefahren.

Dort wurde es dann sehr schnell hektisch, da die vermeintlichen Blähungen doch eher wie Wehen aussahen und der Muttermund bereits 3 cm auf war. Für mich war das ein Schock, denn bei all meinen Recherchen über chromosomale Veränderungen, bin ich immer wieder auf Frühgeburten gestoßen, da wohl in vielen Fällen die Kinder einfach ohne Vorwarnung zu früh kamen.

Da das Krankenhaus eben nicht über eine Kinderklinik verfügte, hat man entschieden, mich in die nahe Klinik mit Kinderklinik zu verlegen und dies am besten noch mit Felix in mir drin. Lungenreifung und Wehenhemmer wurden verabreicht, was aber unser Kind nicht wirklich beeindruckt hat, denn nach nur einer halben Stunde war der Muttermund bereits 8 cm auf. Zu diesem Zeitpunkt war ich ja noch alleine dort, da mein Mann zwar nach einiger Zeit verständigt wurde, ja aber noch einen Babysitter für Niklas suchen musste.

In der anderen Klinik, in der ich ja eigentlich niemals entbinden wollte, hat man sofort entschieden, das Kind per Kaiserschnitt zu holen, wobei ich bis heute nicht weiß, warum eigentlich. Da ich super große Angst um meinen Kleinen hatte und sofort wissen wollte wie es ihm geht, habe ich zumindest so lange rumgemeckert, bis man sich zu einer spinalen Anästhesie bereiterklärt hat. Eigentlich wollte man unter Vollnarkose operieren. Dann ging alles ganz schnell und um 23:44 Uhr war unser Sohn mit einem wütenden Schrei auf der Welt. Ich glaube, dass der Schrei das Schönste war, was ich jemals gehört habe, denn wer schreit, atmet auch. Felix wurde dann von dem bereitstehenden Kinderarzt gründlich untersucht. Und weil er so schön stabil war, durfte ich ihn auch kurz sehen und an meiner Wange spüren. Er war so wunderwunderschön und ich trotz aller Aufregung sehr glücklich. Wir haben der Kinderklinik gegenüber kein Wort über die Befunde verloren. Zum einen waren wir uns sicher, dass ein Frühchen sowieso eingehend untersucht wird und zum anderen wollten wir nicht, dass aus unserem Felix eine Labormaus wird und medizinisch überflüssige Untersuchungen gemacht werden.

Der Süße kam erst mal in den Inkubator und ich in den Kreißsaal, da ich noch liegen musste. Am liebsten wäre ich ja aufgesprungen und in die Kinderklinik gelaufen, um bei meinem Kind zu sein. Aber die Hebamme und die Ärztin fanden die Idee nicht so gut. Um 7 Uhr wurde ich auf die Station gebracht, wo man meinte, dass ich abends vielleicht schon zu meinem Kind könne. Ich habe dann erst mal klargestellt, dass ich spätestens um 10 Uhr bei meinem Kind wäre und dies mit oder ohne ihr Einverständnis. Als ich dann Felix im Brutkasten mit ganz vielen Schläuchen sah, war ich erst mal sehr erschrocken, denn mein Bild von ihm war ja das kleine Baby nach dem Kaiserschnitt und nicht das Baby mit den vielen Schläuchen. Man hat uns aber versichert, dass es ihm ganz prima gehe, er immer selbständig atmen konnte und die Schläuche nur zur Sicherheit da wären und sicher bald ab könnten. Nachmittags um 16 Uhr durfte ich ihn dann zum "kängeruhen" raus nehmen und das war ein super schönes Gefühl. Mit uns beiden ging es dann jeden Tag ein bisschen aufwärts. Sowohl Felix als auch ich wurden jeden Tag von einem Schlauch mehr befreit und ich habe soviel Zeit wie möglich mit ihm verbracht.

Für meinen Großen war das auch eine schwere Zeit und es hat mir jedes Mal das Herz zerrissen, ihn so traurig zu sehen, dass seine Mama plötzlich im Krankenhaus lag und er nicht zum Baby durfte, so dass er das alles kaum verstanden hat. So glücklich ich über Felix war, so traurig haben mich doch manchmal die Geburtsumstände gemacht. Nach der schwierigen Schwangerschaft hatte ich mir so sehr eine schöne Geburt und einen schönen Start für uns alle gewünscht. Heute, mit ein bisschen Abstand, ist da immer noch ein Hauch von Bedauern. Aber viel wichtiger ist, dass alles so gut gelaufen ist.

Felix ist heute zehn Monate und ein total süßes Kerlchen. Er lacht viel und nichts deutet auf eine Behinderung hin. Er muss natürlich die fehlenden sieben Wochen noch aufholen und hinkt motorisch noch ein bisschen hinterher. Aber seine beiden Freundinnen aus den Tagen der Frühchenstation, die wir kennengerlernt haben, sind genauso weit wie er und auch die Kinderärztin ist sehr zufrieden mit ihm. Ganz doll liebt er seinen Bruder und strahlt den am liebsten den ganzen Tag an. Der liebt seinen Felix Luca auch sehr und mein Mann und ich sind die glücklichsten Eltern der Welt.

Wir haben uns sicher durch die Schwangerschaft und die Zeit der Angst und Ungewissheit sehr verändert. Wir sehen manche Dinge ganz anders als noch vor der Zeit. Ich gehe heute mit der Situation sehr offen um und erzähle unsere Geschichte auch z.B. den PEKIP-Müttern, etc. Es wird bei uns kein drittes Kind mehr geben, was aber nichts mit der Schwangerschaft zu tun hat. Nur, wenn ich noch mal schwanger wäre, würde ich keine Fruchtwasseruntersuchung mehr machen lassen, wenn nichts unauffälliges im Ultraschall auftreten würde. Ich habe mir sehr oft in der Schwangerschaft gewünscht, eben genau diese Fruchtwasseruntersuchung nicht gemacht zu haben. Eine Garantie für ein gesundes Kind kann man nicht bekommen und auch die beste Pränataldiagnostik kann dabei nicht viel leisten.

Diese Schwangerschaft hat aber auch ihre guten Seiten, denn gerade gegenüber Behinderungen sind wir einfach sensibler geworden und wollen auch weiterhin gerne Menschen in einer ähnlichen Situation Beistand und Unterstützung anbieten.

Viele Grüße Frank, Susanne, Niklas und Felix

Zuletzt aktualisiert: Mai 2004