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Kindernetzwerk fordert Wende in der Familienpolitik für behinderte Kinder

In Deutschland müssen umgehend dringend bessere Versorgungsstrukturen für chronisch kranke und behinderte Kinder und Jugendliche geschaffen werden. Sowohl die Wahlprogramme der Parteien wie auch die Gesundheits- und Familienpolitik richteten sich heute primär an Familien mit gesunden Kindern. Der Bundesvorsitzende des Kindernetzwerks, Professor Dr. Hubertus von Voß, hält es deshalb für geradezu zynisch, dass die Eltern dieser "vergessenen Kinder" in Deutschland heute ständig - und allzu häufig erfolglos - um Unterstützung kämpfen müssten.

 

Dies trifft insbesondere für Menschen mit seltenen oder außergewöhnlich schwerwiegenden Erkrankungen oder Problemen zu, erklärte von Voß bei der Jubiläumstagung "Vergessene Kinder in Deutschland - 10 Jahre Kindernetzwerk" in Berlin. Beispiel Pflege: Die geltenden Gesetze und Regelungen berücksichtigten die Belange kranker Kinder und Jugendlicher nur höchst unzureichend. So gebe es keine klaren Beurteilungskriterien für die Kinderpflege. Deshalb erhielten gerade Kinder mit hohem Pflegebedarf häufig nicht die ihnen zustehenden Leistungen.


Dies unterstrich bei der Jubiläumstagung des Kindernetzwerks auch Viola Kobabe, Mutter eines dreijährigen Kindes, das an Trisomie 9 erkrankt und schwer mehrfachbehindert ist. Sie forderte in Berlin Kostenträger und Politiker dazu auf, die ambulante und häusliche Kinderkrankenpflege zu stärken und nicht weiter zu schwächen. So müssten zum Beispiel Kinderkrankenschwestern die Beratung der Eltern ebenso abrechnen können wie das Wechseln der Magensonde, was derzeit jedoch nicht möglich ist. Eine intensive Pflegebegleitung sei für die Eltern die entscheidende Hilfe überhaupt und erspare zudem viele Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte, ist Viola Kobabe überzeugt. Das Kindernetzwerk hat deshalb in Berlin die Forderung erhoben, künftig auch die Betreuungskosten mit in den Leistungskatalog der Pflegeversicherung aufzunehmen. Zudem müsse der Kinderkommission des Deutschen Bundestages die Chance eingeräumt werden, bei diesen und anderen Gesetzgebungsverfahren mitzuwirken. Schließlich sollte ein eigener Kinderbeauftragter der Bundesregierung etabliert werden, der solchen Forderungen den notwendigen politischen Schub verleihen könnte, forderte von Voß.


Eine Schubkraft dieser und anderer - demnächst im Berliner Appell zusammengefassten - Forderungen erhofft sich das Kindernetzwerk auch von Christina Rau, der Schirmherrin der Jubiläumstagung. In ihrer Festrede würdigte die Ehefrau des Bundespräsidenten die Leistungen des Kindernetzwerks in den vergangenen zehn Jahren und insbesondere den Einsatz der 80.000 Mitglieder umfassenden Dachorganisation für die "Vergessenen Kinder in Deutschland".