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PM des BV der Lebenshilfe - Weg zur gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben noch weit

Bundesvereinigung Lebenshilfe legt Bevölkerungsumfrage

zur Inklusion und Wahrnehmung

von Menschen mit geistiger Behinderung vor –

Ulla Schmidt: Koalitionsvereinbarung zum Bundesteilhabegesetz

muss eingehalten werden

Berlin, 13. November 2014.

Für Menschen mit

einer geistigen Behinderung ist der Weg zur

gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen

Leben nach Einschätzung der deutschen

Bevölkerung noch weit.

Das zeigt eine bevölkerungs

repräsentative Allensbach-Umfrage

im Auftrag der Bundesvereinigung Lebenshilfe

mehr als fünf Jahre nach dem In-Kraft-Treten

der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK).

Der Studie zu Folge hat jeder fünfte Bürger

(22 Prozent) Kontakt zu Menschen mit einer

geistigen Behinderung, sei es in der eigenen

Familie, dem Verwandten- oder Bekanntenkreis.

Weiten Teilen der Bevölkerung ist die UN-BRK als

Auslöser für die Inklusionsdebatte weitgehend

unbekannt. Nur 22 Prozent der Bevölkerung

haben von der UN-BRK gehört. Im Mai 2011

waren es 14 Prozent.

Aus Sicht der Befragten sind Menschen mit

geistiger Behinderung in erster Linie „hilfsbedürftig“

(88 Prozent). An zweiter Stelle folgt mit

57 Prozent der Begriff „lebensfroh“, knapp dahinter

liegen „ausgegrenzt“ und „Mitleid“ mit

jeweils 56 Prozent. Jeder zweite Bürger denkt an

Berührungsängste. Nur wenige Befragte glauben,

dass Menschen mit geistiger Behinderung

„selbstständig“ oder „gut integriert“ (jeweils

18 Prozent) sind. Personen, die in ihrem Umfeld

Menschen mit einer geistigen Behinderung kennen,

nennen diese positiven Begriffe häufi ger.

Die Bevölkerung ist ganz überwiegend der

Auffassung, dass Menschen mit einer geistigen

Behinderung nur eingeschränkt am gesellschaftlichen

Leben teilhaben können. Bei der Freizeitgestaltung

(Sport, kulturelle Aktivitäten) meinen

immerhin 19 Prozent der Befragten, dass dies

uneingeschränkt möglich ist. Die große Mehrheit

(62 Prozent) glaubt, dass die Teilhabe in diesem

Bereich nur eingeschränkt möglich ist. Lediglich

14 Prozent halten es für kaum oder gar nicht

möglich, dass Menschen mit geistiger Behinderung

ihre Freizeit selbstständig gestalten.

Ein ähnliches Bild ergibt sich für das selbstständige

Wohnen, den Besuch einer regulären

Schule, eigenständige Urlaubsreisen oder die

Teilnahme am regulären Arbeitsleben. In diesen

Bereichen halten jeweils vier bis neun Prozent

der Bevölkerung die uneingeschränkte Teilhabe

von Menschen mit geistiger Behinderung am

gesellschaftlichen Leben für möglich. 61 bis

75 Prozent sehen eine eingeschränkte Partizipationsmöglichkeit.

Dass Menschen mit geistiger

Behinderung von vorneherein ausgeschlossen

sind, glauben je nach Bereich lediglich zwischen

18 und 28 Prozent.

„Die persönliche Situation von Menschen mit

geistiger Behinderung hat sich in den letzten

Jahren deutlich verbessert. Die Ergebnisse der

Umfrage zeigen jedoch, dass bei der umfassenden

gesellschaftlichen Teilhabe noch erheblicher

Nachholbedarf besteht“, sagte Ulla Schmidt,

Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und Bundestagsvizepräsidentin,

bei der Vorstellung der

Studie. „Daher muss das im Koalitionsvertrag

vereinbarte Bundesteilhabegesetz noch in dieser

Legislaturperiode verabschiedet werden. Wichtig

ist: Die fi nanzielle Entlastung der Kommunen

in Höhe von 5 Milliarden Euro jährlich darf nicht

zweckentfremdet werden, sondern muss die Teilhabesituation

von Menschen mit Behinderung

weiter verbessern.“

Zur Einschätzung von Menschen mit geistiger

Behinderung durch die Bevölkerung als überwiegend

hilfsbedürftig sagte Ulla Schmidt: „Dieses

Bild deckt sich nur noch sehr bedingt mit der

Wirklichkeit, die wir als Lebenshilfe wahrnehmen.

Danach nehmen immer mehr Menschen

mit Behinderung ihre Interessen selbstbewusst

in die eigene Hand, ob am Arbeitsplatz, im

Wohnumfeld oder in Vereinen. Mitleid oder

Berührungsängste sind unbegründet.“

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Die Allensbach-Umfrage greift auch die Diskussion

um schulische Inklusion von Kindern

mit geistiger Behinderung auf. Weite Teile der

Bevölkerung (77 Prozent) haben diese Debatte

zumindest am Rande mitbekommen. 20 Prozent

der Bürger verfolgen die Diskussion um schulische

Inklusion näher. Die Bevölkerung insgesamt

und speziell die Gruppe der Eltern mit schulpfl

ichtigen Kindern haben große Zweifel daran,

ob Schulen ausreichend darauf vorbereitet sind,

Schüler mit Behinderung zu integrieren. 66 Prozent

der Bevölkerung und 76 Prozent der Eltern

sehen hier größere Probleme.

Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung

(71 Prozent) – auch diejenigen, die in ihrem

Umfeld Menschen mit einer geistigen Behinderung

kennen (64 Prozent) – ist der Auffassung,

dass der Besuch einer speziellen Förderschule

für Kinder mit geistiger Behinderung am besten

sei. Auf die Frage, wer letztlich darüber entscheiden

sollte, ob ein Kind mit einer geistigen

Behinderung auf eine Regelschule oder eine

Förderschule gehen sollte, plädiert eine relative

Mehrheit der Bevölkerung (42 Prozent) für den

Elternwillen. Nur eine Minderheit meint, die

Schulbehörde oder die Schule (26 Prozent) solle

diese Entscheidung treffen.

Die Bundesvereinigung Lebenshilfe hat grundsätzliches

Verständnis für diese Einstellung der

Bevölkerung. „So lange die Rahmenbedingungen

wie zusätzliche Lehrer und eine Ausrichtung

der Pädagogik auf heterogene Gruppen noch

nicht stimmen, sollte das Förderschulsystem

erhalten bleiben, damit Eltern eine Wahlmöglichkeit

haben“, sagte Ulla Schmidt. Mittelfristig

sei die Lebenshilfe aber für eine Schule für alle

Kinder. Die Parallelsysteme müssten endlich

aufgelöst werden.

Die Allensbach-Untersuchung im Auftrag der

Bundesvereinigung Lebenshilfe stützt sich auf

insgesamt 1.574 mündlich-persönliche Interviews

mit einem repräsentativen Querschnitt

der Bevölkerung ab 16 Jahre. Die Interviews

wurden zwischen dem 14. und 26. August

durchgeführt.