Anlässlich des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember möchten wir das Bewusstsein auf die schwierige Arbeitsmarktsituation für Menschen mit Behinderungen lenken: „Es müssen so viele Menschen mit Behinderungen wie möglich in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Aber Inklusion ist leider so ein heißes Eisen, das sich die Politik nicht traut, umfassend anzugehen“, so Leonie Welsch von der Elterninitiative Apert-Syndrom und verwandte Fehlbildungen e.V., selbst betroffene junge Erwachsene und Mitglied der Jungen Selbsthilfe im Kindernetzwerk.
Jungen Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen wird der Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt oft verwehrt, indem beispielsweise die Arbeit in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung als einzige Option vorgeschlagen wird. Individuelle Stärken und Interessen werden dabei selten berücksichtigt. Da die Werkstätten außerhalb des regulären Arbeitsmarkts betrieben werden, gelten ihre Beschäftigten nicht als Arbeitnehmer:innen und haben somit keine gleichwertigen Arbeitnehmer:innenrechte und auch keinen Anspruch auf den Mindestlohn.
In Deutschland betrifft das 320.000 Menschen mit Behinderung. Im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention fordern wir daher eine Öffnung des ersten Arbeitsmarktes, Hilfestellungen für junge Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen für einen guten Einstieg ins Berufsleben und eine höhere Wertschätzung der Arbeitnehmer:innen in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen.
Konkret fordern wir
> den Ausbau einer spezifischen Berufsberatung für junge Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen, die an ihren individuellen Stärken und Interessen ausgerichtet ist.
> die Möglichkeiten für modulare und theoriereduzierte Abschlussprüfungen für die Berufsausbildung. Dies würde es jungen Menschen mit Lernschwierigkeiten ermöglichen, ebenfalls einen Nachweis für eine Teilleistung zu erwerben, mit der sich Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt eröffnen können.
> die Einführung von Arbeitnehmer:innenrechten in Werkstätten für Menschen mit Behinderung sowie eine faire Bezahlung in Anlehnung an den gesetzlichen Mindestlohn. Wer in Werkstätten arbeitet, soll einen Lohn bekommen statt Grundsicherung („Basis-Geld”- gute Leistung, gutes Geld.)
> eine bessere Unterstützung zur Teilhabe am ersten Arbeitsmarkt, damit das Recht von Menschen mit Behinderung auf eine selbstbestimmte Arbeit, von der sie leben können, umgesetzt werden kann.
Für die Umsetzung braucht es auch mehr Anreize für Unternehmen, Menschen mit Behinderung einzustellen und die entsprechende Weiterbildung der Mitarbeitenden in Arbeitsämtern, um bessere Unterstützung auch für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten. „Eine bedarfsgerechte Inklusion von potentiellen Arbeitnehmer:innen führt schlussendlich auch zu Mehreinnahmen an Steuergeldern und kommt somit dem Staat zugute“, sagt Leonie Welsch und fordert zusammen mit Kathrin Jackel-Neusser, Co-Geschäftsführerin des Kindernetzwerk e.V., zeitnah Verbesserungen.
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In diesem Jahr feiert das Kindernetzwerk sein 30-jähriges Bestehen. Seit drei Jahrzehnten engagiert sich das Kindernetzwerk als Dachverband der Selbsthilfe von Familien mit Kindern und jungen Erwachsenen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen für einen besseren Versorgungsalltag unserer 250 Mitgliedsorganisationen, die meisten auf Bundesebene, mit rund 200.000 Personen. Für unsere weiteren rund 500 Einzelmitglieder sowie 150 Kliniken und Einrichtungen bieten wir ein starkes Netz, teilen aktuelle Informationen, Nachrichten und Termine, bereiten wichtige Themen rund um die Selbsthilfe auf und stellen sie zur Diskussion.
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