Ben

Partielle Trisomie 8q24.3 und partielle Monosomie 3p25-p26
geb. September 2005

Zuletzt aktualisiert: August 2006

Hallo liebe LEONA-Familien,

nachdem ich schon sehr viele eurer Berichte gelesen habe, möchte euch endlich auch einmal meine Familie vorstellen und die Geschichte unseres Sohnes erzählen.

Mein Mann Henry (38) und ich, ich heiße Mandy und bin 30 Jahre, sind seit fast 8 Jahren zusammen und seit knapp 2 Jahren verheiratet. Unser Sohn Ben ist ein absolutes Wunschkind.

Wie alles begann

Am 06.11.04 gaben Henry und ich uns das JA-Wort. Das schönste Hochzeitsgeschenk bekamen wir aber schon 2 Tage vorher - und zwar wurde mir von meinem Gynäkologen bestätigt, dass ich in der 6. SSW war. Unser Glück schien perfekt - alle beneideten uns. Doch leider sollte es wohl noch nicht sein, dass wir Eltern werden. Zur 1. Vorsorgeuntersuchung am 07.12.04 habe ich selbst schon am Monitor sehen können, dass kein Leben mehr in mir war. WARUM NUR??? Viele Fragen, aber keine Antworten. Immer nur, dass so etwas oft passiert usw. usw... Trotzdem war ich todunglücklich. Am 10.12.04 hatte ich dann den Termin in der Klinik zur Ausschabung. Es war ein FURCHTBARER Tag. Ich lag nach dem Eingriff noch im Aufwachraum und nebenan wurde ein Baby per Kaiserschnitt geboren. Das Glück der anderen war kaum zu ertragen. Ohne meinen lieben Mann hätte ich es wohl nicht so gut überstanden. Er war den ganzen Nachmittag, bis ich wieder heim durfte, bei mir und auch in den kommenden Tagen haben wir viel über den Verlust geredet und somit unsere Trauer verarbeitet. Wir waren uns einig, dass wir es bald wieder versuchen würden, ein Baby zu bekommen. Den guten Rat meines Arztes, mit der Planung noch mindestens drei Monate zu warten, haben wir wohl völlig überhört.

Mitte Januar 2005 merkte ich nämlich, dass irgendetwas in mir drin vorging. Es war ein komisches Gefühl in der Leistengegend und ich hatte ein starkes Ziehen in den Brüsten. Auf meine Periode wartete ich seit der OP vergebens. Mir wurde aber gesagt, dass es nach einer Ausschabung schon 6 - 8 Wochen dauern kann, bis der Zyklus sich wieder normal einpegelt. Am 02.02.05 hielt ich es aber nicht mehr aus und besorgte mir einen SS-Test - dieser war POSITIV. Sofort rief ich in der Praxis an und mein Doc bestätigte mir noch am selben Abend die SS - 6. Woche! Mein Mann und ich waren überglücklich. Natürlich hatte ich auch Angst, aber ich sagte mir immer wieder - diesmal wird alles gut.

Es folgten 10 Vorsorgeuntersuchungen und immer war alles ok. Das Baby entwickelte sich prächtig. Am 30.05. konnte ich am Monitor erkennen, dass es ein kleiner Ben wird. Ab der 31. SSW befand sich Ben in der BEL und wollte bzw. konnte sich wegen einer zu kurzen Nabelschnur nicht mehr in die richtige Position drehen.

Somit wurde für den 21.09.05 der Kaiserschnitt geplant (39.SSW). Um 8.52 Uhr kam Ben zur Welt. Er wog 3.620 g und war 53 cm groß. KU war 36,5 cm. APGAR-Werte 9/10/10.

Eigentlich alles normal und der erste Schrei war auch dabei. Alles war gut - dachte ich...

Ca. 1 ½ Std. später durfte ich zurück auf mein Zimmer - doch wo war mein Baby? Ich hatte gehofft, es im Arm meines Mannes zu finden und ich konnte es auch kaum noch erwarten, meinen kleinen Liebling endlich selbst richtig zu knuddeln, aber irgendetwas stimmte nicht. Henry versuchte mir dann schonend beizubringen, dass unser Zwerg etwas geschwächt ist und beim Trinken bzw. jeglichen Anstrengungen blau wird.

Er bekam im Säuglingszimmer Sauerstoff zugeführt und seine Vitalfunktionen wurden überwacht. Weil mein Arzt und die Schwestern kein Risiko eingehen wollten, informierten sie die Kinderklinik.

4 Std. nachdem Ben auf der Welt war und ich ihn noch nicht einmal selbst im Arm halten durfte, musste ich mich von ihm trennen. Das Team der Kinderklinik hatte sich entschieden, den Kleinen mitzunehmen, weil er bei ihnen besser überwacht und versorgt werden konnte.

Und wieder brach für mich eine Welt zusammen. Das durfte doch alles nicht wahr sein - ein böser Traum oder so... Was war denn nur los mit meinem Baby?

Wir wurden immer wieder beruhigt - viele Kaiserschnittbabies hätten solche Startschwierigkeiten. Es sei ja nur zur Sicherheit. Wir dachten da so an 1 - 2 Tage, aber es wurden 16 daraus. 16 lange Tage.

Henry, ich und natürlich auch der Rest der Familie waren mit den Nerven völlig am Ende. Ich selbst habe fast Tag und Nacht nur geweint. Daran war das unsensible Verhalten der Ärzte nicht ganz unschuldig. Ben hatte gar nicht die Möglichkeit sich zu erholen. Es wurden ständig irgendwelche Untersuchungen mit ihm gemacht und vom ersten Tag an bekam er Antibiotika gegen eine Neugeboreneninfektion. Die Ungewissheit machte uns völlig fertig. Und die Aussagen der Ärzte, welche des Öfteren in "Gänsefüßchen" gefasst wurden, halfen uns überhaupt nicht weiter. Grund der Forschungen waren die von Geburt an verschlossenen Augen von Ben sowie folgende äußeren Auffälligkeiten:

Kopf wirkt dysplastisch, Schädelform quadratisch, Ohren tief angesetzt, hohe Nasenwurzel, breiter kurzer Nasenrücken, schmale zurückweichende Nasenflügel, weißliche perlartige Veränderungen an Unter- und Oberkiefer "Epsteinperlen", antimongoloide Lidachse, weiter Augenabstand, Hydrocelen beidseitig, Füße: Syndaktylie 2.u.3. Zehen beidseitig, differente Zehenansätze, Hände: angedeutete Vier-Finger-Furche rechts, tiefsitzende Daumen, tatzenförmige Hände, langer Abstand zw. Nase und Mund, schmales Ober- u. Unterlippenrot, hoher schmaler Gaumen, zurückweichendes Kinn, komplexer Herzfehler

Das waren alles Informationen mit denen wir überhaupt nichts anfangen konnten und die uns sehr irritierten. Es wurde eine Chromosomenanalyse veranlasst, welche komischerweise einen normalen männlichen Chromosomenbefund ergab. Keine Auffälligkeiten. Dieses Ergebnis erfreute uns zunächst, aber kurze Zeit später kam die Unzufriedenheit wieder auf, weil die Ärzte einfach keine Ruhe gaben.

Am 11. Lebenstag schaffte es Ben endlich, seine Augen zu öffnen, welche bis dahin völlig verschwollen waren. Es kamen keine großen Kulleraugen zum Vorschein und das war die nächste Auffälligkeit: Ptosis beidseitig. Die Ärzte wollten weiterforschen (EEG´s und, und, und...). Wir ließen uns noch ein MRT gefallen (dieses war unauffällig) und dann war Schluss. Ben sollte endlich nach Hause.

Am 07.10. war es endlich soweit. Wir holten Ben aus der Klinik. Ich muss aber ehrlich zugeben, dass ich unseren kleinen Schatz immer mit kritischem Blick betrachtete. Der Aufenthalt in der Klinik hat seine Narben hinterlassen. Wir konnten zwar beobachten, dass er sich entwickelt, aber lange nicht in dem Maße, wie es z.B. die Mediziner sehen wollten. Es war auch nicht so wie bei gesunden Babies, die mit ein paar Wochen ihre Eltern mit großen Kulleraugen anschauen und dabei über das ganze Gesicht strahlen. Sein erstes bewusstes Lachen schenkte er uns mit vier Monaten - vorher haben wir uns einfach am Engelslächeln erfreut. Und auch sonst ging seine Entwicklung sehr langsam voran. Er liegt überhaupt nicht gern auf dem Bauch und mag sich da auch bis heute nicht selbst dahindrehen.

Weil es aber immer noch unklar war, woher die Auffälligkeiten stammen und warum er sich nur langsam entwickelte (ca. zwei Monate hinterher), haben wir Anfang diesen Jahres noch einmal die Genetikerin aufgesucht. Sie hatte die Unterlagen von Ben bereits vorliegen und war der Meinung, es wäre vielleicht hilfreich, bei mir eine Chromosomenanalyse durchzuführen. Das taten wir dann und drei Wochen später lag das mich völlig überraschende Ergebnis vor:

Chromosomensatz mit balanciert erscheinender Translokation zw. dem kurzen Arm von Chromosom 3 und dem langen Arm von Chromosom 8 (3q25;8p24.3).

Daraufhin wurde natürlich vom Ben noch einmal Blut abgenommen und es konnte gezielt nach einer möglichen Störung gesucht werden. Das Ergebnis war fast eine Erleichterung für uns, weil nun endlich dieses Rätselraten ein Ende hatte und Ruhe einkehren würde.

Inzwischen ist Ben fast ein Jahr alt. Er ist ein fröhliches zufriedenes Baby. Mit knapp 5 Monaten hat er nach einem Spielzeug gegriffen, mit 6 ½ Monaten sein erstes Zähnchen bekommen und mit 9 Monaten erste Silbenketten gebrabbelt. Er mag sich noch immer nicht selbst auf den Bauch drehen und auf das Krabbeln werden wir auch noch eine Weile warten müssen. Dafür besuchen wir einmal in der Woche die Krankengymnastik. Ben ist bei einer Größe von fast 72 cm eher ein Leichtgewicht mit nur 7,6 kg. Sein KU misst 45 cm. Wir haben regelmäßige Kontrolltermine beim Augenarzt (Ptosis bds., Weitsichtigkeit +7 bds., Strabismus alternans bds., Pendelnystagmus), Urologen (Hodenhochstand) und Kardiologen (sein Herz muss spätestens im Vorschulalter operiert werden).

Wir freuen uns über jeden noch so kleinen Fortschritt - man achtet ja nach so einem schwierigen bzw. anstrengenden Start ins Leben doch ganz anders auf jede Kleinigkeit. Seit kurzem gehen wir mit Ben zum Babyschwimmen. Dabei hat der kleine Zwerg sehr viel Spaß und wir haben den Eindruck, dass es seiner Entwicklung sehr gut tut. Demnächst werden wir in eine andere Stadt ziehen und ich hoffe, dass Ben sich dort wohl fühlt und wir eine geeignete Kindertagesstätte für ihn finden.

Ich bin auch sehr froh, über LEONA e.V. eine Mama gefunden zu haben, mit der ich mich austauschen kann und die sogar ganz in meiner Nähe wohnt. Das erste Treffen ist schon geplant.

Über weitere Kontakte würde ich mich sehr freuen.

Liebe Grüße von Mandy, Henry und Ben.

E-Mail
Telefon: 08233 / 735628

Zuletzt aktualisiert: August 2006

Kontakt

LEONA – Familienselbsthilfe bei seltenen Chromosomen- veränderungen e.V.

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Fax: 02301 / 18 466 86
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