Benedikt

partielle Monosomie 3p
geb. Juni 2004

Zuletzt aktualisiert: Mai 2006

Liebe LEONA - Mitglieder!

Nachdem ich alle Erfahrungsberichte gelesen habe, möchte auch ich die Geschichte von meinem Sohn Benedikt erzählen.

Ich wusste schon seit der 33. SSW (korrig. 31. SSW), das Benedikt eher klein ist. Es wurden dann auch alle 2 Wochen Doppler - US gemacht, um zu gewährleisten, dass er über die Plazenta gut versorgt wurde. Sonst verlief die Schwangerschaft komplikationslos. Benedikt war sehr aktiv, und trat mit seinen Zwergenfüßchen fast durch die Bauchdecke.

Am 8.6.2004, 3 Wochen zu früh, wurde er dann spontan innerhalb von 1 ½ Stunden geboren.

Gewicht: 2200g - Größe: 47cm - KU: 32cm - Apgar: 9/10

Benedikt war etwas blau, da er die Nabelschnur 2-mal um den Hals geschlungen hatte. Aber er schrie, und erholte sich bald. Er bekam Sauerstoff vorgelegt, weil er hin und wieder etwas schlapp war.

Ich wusste ja das er klein war, aber als ich ihn dann sah, war er winzig (im Gegensatz zu meiner Tochter 4200g, 54cm). Und vor allem sah er eher wie ein kleines hutzeliges Männlein aus. Keinen Babyspeck, keine Kulleraugen…eben nicht wie ein normales Baby.

Am Morgen wurde er dann in die Kinderklinik verlegt. Dort wurden Untersuchungen gemacht, da sie ein Syndrom vermuteten. Aber sie fanden nichts. Er hatte einen Neugeborenen Infekt, der mit Antibiotika behandelt wurde. Das Stillen klappte überhaupt nicht. Er schrie wie am Spieß und überstreckte sich. Sein Essen bekam er durch eine Sonde. Teilweise schrie er so heftig, dass er das Atmen vergaß. Als ich ihn dann endlich nach 2 Wochen mit nach Hause nehmen durfte, sagte ich mir "zu Hause wird alles besser". Doch das 1. Jahr sollte zu einer Geduldsprobe werden. Benedikt aß bei einer Mahlzeit vielleicht 30ml, schrie und spuckte dann alles wieder aus. Und das alle 1 ½ - 2 Stunden. Dazu kamen noch die Koliken. Manchmal schrie er so heftig, dass er vergaß zu atmen. Nur wenn ich ihn fest in ein Tuch wickelte, beruhigte er sich. Die ersten 5 Monate waren der Horror. Dann begannen auch die Besuche bei verschiedenen Ärzten, Therapeuten und der Genetikerin. Beim Kinderarzt, der großartig war und auch noch heute ist, waren wir alle 2 Wochen zur Gewichtskontrolle. Ansonsten die üblichen U - Untersuchungen. Benedikt bekam dann auch KG nach Bobath. Und für die Voijta - Therapie kam eine liebe Therapeutin aus dem BBZ zu uns nach Hause.

Der Besuch bei der Genetikerin versprach mir Hoffnung, endlich die Ursache dafür zu finden, warum Benedikt so ist, wie er ist. Man selbst versucht zu forschen, deshalb saß ich auch nächtelang vor dem PC und suchte nach Kindern die die gleiche Symptomatik aufwiesen.

Der erste Befund aus der Kinderklinik: Microcephalie, Mikrogenie, Dystrophie, kleine tief sitzende Ohren, zurückliegender Unterkiefer, Dysmorphiesyndrom, mongoloide Lidachse, ASD II, Gedeihstörung, Verdacht auf ein genetisches Syndrom.

Als erstes sprach ich die Genetikerin auf Progerie an. Doch sie konnte mich beruhigen, das hatte Benedikt definitiv nicht. Auch sah ich Parallelen zum Wolf - Hirschhorn - Syndrom. Dies wurde mittels Gentest ausgeschlossen. Dann wurde noch mal getestet, und ein genetisches Dysmorphiesyndrom, und andere Syndrome mit Stückverlust im Endbereich der Chromosome ausgeschlossen. Benedikt hatte auch einen normalen Chromosomensatz. Auch mein Lebensgefährte und ich wurden getestet, alles in Ordnung. Nun stand ich wieder am Anfang.

Benedikts Entwicklung schlich mehr oder weniger dahin. Die Aussage von Außenstehenden oder auch Verwandten, "das wird schon noch", trat natürlich nicht ein. Dies war auch der Zeitpunkt wo ich langsam zu akzeptieren begann, dass Benedikt anders ist.

Er nahm kein Spielzeug in die Hand, sondern schwenke seine Hände im Licht hin und her, als wolle er seine Finger zählen. Mit ca. 8 Monaten schaffte er es sich auf den Bauch zu drehen. Dann bemerkte ich, dass er eigentlich nicht wirklich fixierte oder jemanden anschaute. Der Augenarzt stellte Weitsichtigkeit fest, +8. Benedikt bekam eine Brille. Und man merkte, dass es ein bisschen aufwärts ging. Er griff nach Spielzeug. Schaute interessierter, und versuchte voran zu kommen. Benedikt spielte auch nicht wie andere Kinder. Er nahm sich zwar das Spielzeug, aber das wurde nur von allen Seiten belutscht. Am liebsten hatte er Sabbertücher oder Bommeln.

Mit ca. 15 Monaten zog er sich nach vorn. Doch sobald er das erreicht hatte was er wollte, blieb er liegen und kaute auf dem Spielzeug herum. An Weihnachten 05 konnte er gut robben, und schaukelte im Vierfüßlerstand hin und her. Aber er war noch lange nicht so aufmerksam wie andere Kinder. Sobald er etwas in die Finger bekam, steckte er es sich in den Mund, und versank in seine eigene Welt.

Im Januar 06 wurde Benedikt für eine Woche in die Kinderklinik Augsburg eingewiesen, weil ein MRT, sowie eine Lumbalpunktion gemacht werden sollte. Auch ein EEG stand an, da in seinem bis dato kurzen Leben noch kein ordentliches EEG gemacht werden konnte. (Benedikt ist sehr empfindlich am Kopf.) Benedikt wurde vorbereitet. Ich hatte schon etwas Angst, da es seine 1. Narkose war. Aber der Anästhesist erklärte mir alles, und nahm mir etwas von meiner Angst. Nach dem Eingriff schlief Benedikt länger als üblich, aber da er ein sehr schmächtiger Junge ist, konnte man die Narkose nicht wirklich genau dosieren. Benedikt wachte später auf, trank etwas Tee, und schlief dann eigentlich den ganzen Tag. Fühlte sich aber gut. Natürlich wartete ich auf das Ergebnis der Untersuchung. Doch ich musste mich noch bis zum späten Nachmittag gedulden. Befund: Er hat einen verschmälerten Balken. Myelinisierungsverzögerung DD, eventuell beginnende Störung. Keine Gyrierungsstörung.

Damit konnte ich nicht wirklich viel anfangen. Am nächsten Tag sollte auch noch das EEG geschrieben werden. Der Neurologe bot an, ihm Melatonin zu geben. Wir probierten 2 Kapseln, und es funktionierte. Ich war erleichtert. Endlich konnte der Neurologe seine Gehirnströme lesen. Es stellte sich heraus, dass Benedikt im hinteren Teil Auffälligkeiten zeigte. Das, so sagte er, wäre ein erhöhtes Potential für Krampfanfälle. Diese könne man behandeln, bzw. vorbeugen. Ab dem Tag bekam Benedikt Ospolot, morgens und abends 25mg. Anfänglich hatte er leichte Atembeschwerden, aber der Neurologe hatte mich auf diese Nebenwirkung hingewiesen. Doch nach 2-3 Tagen war das vorüber.

Benedikt war nach Entlassung aus dem Krankenhaus eher "faul" geworden. Es dauerte einige Tage bis er sich wieder wie gewohnt durchs Zimmer bewegte. Von einem auf den anderen Tag probierte er den Bärenstand aus. Wenn er etwas zu viel Schwung nahm, machte er fast einen Purzelbaum. Dann dauerte es gar nicht lange und er setzte sich aus dem Vierfüßlerstand hin, und stützte sich mit einer Hand ab, mit der anderen spielte er. Das war natürlich großartig zu sehen, wie er sich entwickelte. Auch wenn es langsam ging, und ziemlich viel Zeit zwischen den einzelnen Fortschritten lag, war ich immer wieder den Tränen nahe, weil es mich riesig gefreut hat. Auch Benedikt merkte man an, dass es ihn freute, wenn er wieder etwas Neues konnte. Genauso war es umgekehrt, klappte etwas nicht so wie er es wollte, wurde er motzig.

So ging seine Entwicklung zwar langsam, aber trotzdem vorwärts.

Am 7.5. diesen Jahres bekam ich einen Anruf unserer Genetikerin. Und sie verkündete voller Freude, dass bei Benedikt etwas gefunden wurde. Im letzten November hatten wir bei ihr Blut abnehmen lassen, um dies im Rahmen einer Studie untersuchen zu lassen. 6 Monate später hatte Benedikts Krankheitsbild einen Namen "Monosomie 3p". Ich war glücklich, endlich fielen alle Ängste und Sorgen der letzten 2 Jahre ab. Auch wenn sich nicht wirklich etwas änderte, hatte ich jetzt etwas, womit ich umgehen konnte. Ich musste nicht nach fadenscheinigen Argumenten, was Benedikts Entwicklung oder zu geringes Gewicht betraf, suchen. Jedes mal wenn mich Fremde auf Benedikt ansprachen, konnte ich nur sagen: "…er ist zu klein/leicht, läuft nicht…warum weiß keiner". Das war für mich immer unbefriedigend. Und ich denke ein Teil der Leute dachte vielleicht auch ich gebe meinem Kind nichts zu essen :

Einen Tag nach dem Anruf der Genetikerin kam ihr Brief der viel ärztliches Kauderwelsch enthielt. Aber ich konnte lesen, dass bei uns als Eltern die Chromosomen in Ordnung waren, und dass durch eine spezielle Technik, "Array-Technik" dieses fehlende Stück gefunden wurde. Bei Benedikt ist dies neu entstanden, die Untersuchung ergab dass eine 2,8 Mb große Deletion auf dem kurzen Arm des 3. Chromosoms vorliegt. Die deletierte Region enthält 55 Gene. Der Stückverlust der 55 Gene ist zu klein, um sich bei der lichtmikroskopischen Untersuchung an den Chromosomen darzustellen.

Dieses Untersuchungsergebnis bedeutet für mich, dass die "Forschung" jetzt abgeschlossen ist. Benedikt wird weiter optimal Förderung bekommen, damit er sich, wenn auch langsam, trotzdem gut entwickeln kann.

Eine OP seines linken Auges zwecks Lidheberschwäche, ist eventuell für August geplant.

Benedikt ist für nächstes Frühjahr für den Kindergarten im BBZ vorgesehen. Ich hoffe, und wünsche mir für ihn, das er sich dort wohl fühlt, und dem einen oder anderen Kind etwas "abguckt" : Seine momentanen Therapien, Bobath, Voijta, werden dort dann fortgeführt. Hoffentlich kommen dann noch Ergo und Logo hinzu. Ich will ihn ja auch endlich mal schnattern hören :

Zu einem Ostheopathen gehen wir auch 1-mal in der Woche. Das tut Benedikt auch sehr gut.

So, das waren grob beschrieben die ersten 2 Jahre meines Sohnes.

Ich möchte Euch noch den Rest der Familie vorstellen: Andi, Laura (Tochter) und Husky Saskia.

Über jeglichen Kontakt freue ich mich sehr.

Liebe Grüße Anja und Benedikt

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Zuletzt aktualisiert: Mai 2006

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